Berlin, 31.Oktober 2019
(*hier abrufbar: http://www.islamophobiaeurope.com/ )
Zum 21.September – dem Europäischen Aktionstag gegen Islamophobie und religiöse Intoleranz – wurde der „European Islamophobia Report 2018“ veröffentlicht. Der Bericht will europäischen Entscheidungsträgern dabei helfen das Ausmaß, die Virulenz und den Anstieg von antimuslimisch motivierten Straftaten und Rassismus im Kontext des Erstarkens rechtsextremer Parteien – wie es zuletzt die Wahlergebnisse in Thüringen zeigen (Höcke!) – greifbarer zu machen.
Muslimische Frauen* sind in besonderem Maß von islamophober Gewalt betroffen – europäische Statistiken (CCIF) zeigen, dass fast 2/3 der Opfer Frauen* sind, v.a. wenn sie ein Kopftuch tragen. Sie werden angeschrien, bespuckt, ihnen wird mit Vergewaltigung oder körperlicher Gewalt gedroht, das Kopftuch entrissen. Ihr Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Dienstleistungen wird eingeschränkt.
Antimuslimischer Rassismus ist also nicht nur eine Bedrohung für muslimisch markierte Personen und Gemeinden, sondern auch für das solidarische Zusammenleben und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft:
“Das Jahr 2018 hat zudem gezeigt, dass „Migration“ und „Asylpolitik“ die vorherrschenden Räume sind, in denen eine tödliche Dreifaltigkeit von Migration-Asyl-und-Rasse zusammenkommen kann, wenn das Publikum bei einer öffentlichen AfD-Veranstaltung „Absaufen, absaufen, absaufen!“ skandiert. Islamophobe Diskurse in Deutschland haben sich in ihren konzeptuellen Benennungspraktiken in den vergangenen 70 Jahren vom „Gastarbeiter“, über den „Ausländer“, zum „Muslim“ und heutigen „Wirtschaftsmigranten“ und/oder „-Flüchtling“ und schlussendlich zur (islamistischen) physischen „Bedrohung“ verschoben. Dies legt auch eine rassifizierende Ökonomie offen, die frühere Gastarbeiter_innen und deren Beiträge nicht nur diskursiv entwertet (vom „Gast-/Arbeiter“, zum „Muslim“, zur „Bedrohung“), sondern die dieselben Gruppen durch ihre verschiedenen Benennungspraktiken nun auch als ökonomische „Trittbrettfahrer_innen“ oder existenzielle „Bedrohungen“ betitelt. Obwohl laut offiziellen staatlichen Statistiken in Deutschland die Anzahl der physischen Angriffe gegen deutsche Muslime, Gefüchtete und Migrant_innen gesunken ist, gibt es genug Anlass zur Sorge: die sogenannten „konservativen Revolutionäre“ der alten und neuen Rechten professionalisieren sich politisch, ökonomisch sowie in den sozialen Medien, bis hin zu professionell organisierten Musikveranstaltungen und militärischen Trainings. Die Formen der politischen Gewalt, die 2018 zu erleben waren, sind gekennzeichnet von einem Menschen jagenden Mob, koordiniert durch das Internet – wie in Chemnitz, wo (weiße) westliche Globalisierungsopfer die Opfer des westlichen Imperialismus und Krieg durch die Straßen jagten. Im Jahr 2018 war Islamophobie in Deutschland somit weiterhin eine gefährlich erfolgreiche Politik mit wachsender Tendenz zu mobartiger Straßengewalt.”
Wir kritisieren die selektive und tendenziöse Berichterstattung über den Islamophobia Report, wie in dem am 24.10.2019 in der Welt erschienenen Artikel “Von EU geförderter Bericht denunziert Islamkritiker” von Frederik Schindler.
Die Autorin des Reports, Dr. Anna Esther Younes, wird in diesem Artikel öffentlich diffamiert, und ihre wissenschaftliche Analyse über den Zusammenhang von Rassismus, Klassismus und Imperialismus in Frage gestellt. Wir klagen diese Diffamierung der Autorin und ihres Textes entschieden an und solidarisieren uns mit ihr.
Als Muslimische Feministinnen fordern wir eine kritische und objektive Berichterstattung, der diejenigen entblößt, die bereits marginalisierte Stimmen ( – der in Deutschland von Rassimus betroffenen – ) verleumden, überwachen und kriminalisieren.